Maritime Prosa

Der eigentliche Jollenfahrer

Zählt der Mensch zu den bequemen,
Muß er große Schiffe nehmen,
Wo er sänftlich kann ruhen,
In den weiß bezog’nen Truhen,
Die der Seemann Kojen nennt,
Und worin sich’s fürstlich pennt.

Aber ist’s dem Erdensohne
Gleich, ob unter Deck er wohnte,
Ob ihn nachts der Tau befeuchte,
Und der Mond zum Mal ihm leuchte,
Daß, wenn er zur Ruh‘ sich strecket,
ihn ein Regenguss erwecket,
Und der Bodenbretter Fasern
Ihm den Rücken arg zermasern.

Ist ihm dieses alles gleich,
Dünkt es ihm ein Königreich,
Wenn er eine Jolle hat,
Sei sie noch so klein und platt.

Freudig leuchtet sein Gesicht,
Hat er Zeit für ein paar Tage,
Abzutun des Lebens Plage,
Und auf einer Segeljolle,
Sei sie zierlich, sei sie volle,
Macht auf seine eig’ne Art

Eine kleine Jollenfahrt.

 

 

♦ Aus dem Jahre 1922 ♦

 


 

Wetterregeln

Abendrot – Wetter god. 

Rot am Morgen – bringt dir Sorgen.

 Helles Blau hat wenig Wind,
Dunkles bringt uns fort geschwind.

 Wolken weich und zart,
Bringen kleine Fahrt.

Sind sie hart und eckig,
Geht es uns oft dreckig.

 Wenn hellgelb die Tinten sind,
Bringen sie uns starken Wind;
Sind sie dunkelgelb dagegen,
Bringen sie uns öfter Regen.

 Kommen Federwolken nach schönen Wetters Zeit,
Halte bald Persenning und Zelt bereit.

Siehst du abends ohn‘ Strahlen den glutroten Ball,
So ändert sich’s Wetter auf jeden Fall.

Brennt dir des Morgens die Sonn‘ auf den Schädel,
nimm’s Ölzeug mit und nicht die Mädel.

Versinkt die Sonne hinter der Wand,
So tust du besser, du bleibst an Land. –
Zerteilt sich die Wand und regnet’s zur Nacht,
Wird dir ein schöner Nachtmittag gebracht.

Regen am Abend und Pladdern zur Nacht,
Hat immer einen guten Tag noch gebracht.

Dunkle Nacht und wenig Sterne,
Die hat jeder Segler gerne.

Nachmittags Regen und abends gar Gießen,
Muß jedem Segler das Leben verdrießen.-
Ist die Nacht auch trochen und hell,
Morgens ist Pluvius wieder zur Stell‘.

Fällt der Nebel – fahr hinaus,
Steigt er aber – bleib zu Haus ! 

Wenn’s Wetterglas tief und aschgrau der Himmel,
Nimm statt deines Bootes lieber ’nen Schimmel !

Morgentau auf Flur und Heide,
Ist der Seglers stille Freude.

Der Wind geht immer rechts herum,
Und tut er’s nicht, so geht dir’s dumm.

 

 

Von Rudolf Lips (SC. „Frithjof)
Gesehen im Buch (Nachdruck aus dem Jahre 1922) „Der Segler auf der Niederelbe“
Seite 78